Spechstschäden an Hausfassaden

    Situation

    Seit einigen Jahren werden dem Schweizer Vo­gelschutz SVS und der Schweizerischen Vogel­warte vermehrt Spechtschäden an ausseniso­lierten Hausfassaden gemeldet, zur Zeit etwa 20 pro Jahr. Die meisten Fälle stammen aus Städten und Agglomerationsgemeinden des Mittellandes. Die Vögel, praktisch ausschliesslich Buntspechte, hacken einzelne oder mehrere bis faustgrosse Löcher in die Fassaden. Besonders gefährdet sind Bereiche entlang von Hausecken. Die be­troffenen Hauseigentümer sind in einem mehr­fachen Dilemma:

     

     

     

                    Der Buntspecht ist eine geschützte Vogel­art.

                    Die Schäden können grössere Ausmasse an­nehmen.

                    Die Schäden sind durch die kantonalen Ge­bäudeversicherungen nicht abgedeckt.

                    Ein entsprechender Versicherungsschutz wird offenbar auch von privaten Versiche­rern zur Zeit nicht angeboten.

                    Eine dauerhafte Schadensvermeidung ist nur mit teuren baulichen Massnahmen zu reali­sieren.

                    Eine frisch sanierte Fassade kann sofort wie­der vom Specht bearbeitet werden.

     

     

    Mögliche Erklärung

    Die meisten Meldungen erfolgen vom Sommer bis zum Spätherbst, in geringerem Ausmass auch im Frühling. Es dürfte sich deshalb bei den Verursachern vor allem um junge Spechte han­deln, die im Laufe des Sommers das Territo­rium ihrer Eltern verlassen, um sich anderswo anzusiedeln. Freie Reviere finden sie unter an­derem in mit Bäumen begrünten Siedlungsge­bieten von Städten und Dörfern. Da Buntspechte ihre Umgebung in vielfältiger Weise nutzen, kann es geschehen, dass sich die Vögel beim Erkunden des neuen Reviers auch an Hausfassa­den niederlassen. Fassaden mit Aussenisolation vermitteln ihnen dabei wohl den Eindruck, dass dieses Material zur Anlage einer Schlafhöhle für den Winter resp. einer Bruthöhle geeignet sei: Der harte Verputz entspricht der Rinde, das da­runter liegende Styropormaterial klingt wie Faul­holz.

    Beurteilung des Problems

    Es ist anzunehmen, dass das Attackieren ver­putzter Fassaden nicht eine abnorme Verhaltens­weise einzelner Vögel darstellt, sondern dass je­der Buntspecht solche Schäden verursachen kann. Deshalb ist das Wegfangen oder das Ab­schiessen der Schaden stiftenden Vögel kaum ein Mittel zur nachhaltigen Problemlösung.

    Es ist damit zu rechnen, dass Spechtschäden an Fassaden in Zukunft eher häufiger auftreten. Einerseits finden Aussenisolationen heute nicht nur bei vielen Neubauten, sondern auch bei Re­novationen älterer Gebäude Anwendung und an­dererseits sind mit Bäumen begrünte Siedlungs­gebiete geeignete Lebensräume für Buntspechte. Ihr Bestand dürfte dort in den letzten Jahren zu­genommen haben.

    Dauerhaft wirksame Vorbeugemass­nahmen: Wer dauerhaft vor Spechtschäden sicher sein will, verwendet die traditionellen Zementputze. Alle klangaktiven Baumaterialien, vor allem Iso­lierputze, aber auch Hohlblock­und Gasbeton­bausteine, scheinen nach Untersuchungen der Staatlichen Vogelschutzwarte Baden­Württem­berg besonders attraktiv für Spechte zu sein.

    Notmassnahmen zur individuellen Vogelabwehr: Mit Plastikbändern, die über die gefährde­ten Fassaden gespannt werden, durch das Aufstellen von Windrädchen oder das Auf­hängen von Girlanden aus Metallfolienstrei­fen, etc. kann man die Spechte kurzfristig abschrecken. Es ist aber mit Gewöhnungs­effekten zu rechnen.

    Neu angesiedelte Buntspechte verlassen nach Störungen an der Höhle offenbar häu­fig das Revier. Ist also eine Höhle bereits fer­tig gebaut und wird sie vom Specht oder von Staren genutzt, lassen sich die Vögel viel­leicht durch mehrmaliges nächtliches Stören verscheuchen, z.B. durch Ausleuchten der Höhle oder durch Lärm.

    Spechtlöcher sind Eintrittspforten für Feuchtig­keit. In den Höhlen brüten gerne Stare!

     

     

    Verhinderung von Folgeschäden

    Die Spechtlöcher werden praktisch immer nahe bei Hausecken angelegt, weil die Vögel dort be­sonders gut landen und sich beim Hacken auch besser abstützen können als an der flachen Mauer. Deshalb dürfte die wirksamste Abwehr­massnahme sein, die Vögel zu hindern, an den Hausecken zu landen. Zu diesem Zweck ver­sieht man (z.B. bei Reparaturarbeiten nach ei­nem Spechtschadenfall) alle Ecken des betroffe­nen Hauses und allenfalls benachbarter Häuser gleicher Bauart mit senkrechten Stahldrähten (vgl. Skizze) oder mit einer glatten, ca. 10cm auf beide Seiten reichenden Abdeckung aus Blech, Hartplastik, etc.

     

    (Quelle:Schweizerische Vogelwarte, Sempach)